Fallstudie - Eine bayerische Gemeinde baut ein eigenes FTTH Netzwerk

Oberhausen

Eine bayerische Gemeinde baut ein eigenes FTTH Netzwerk

Im Rahmen eines vorbildlichen Öffentlich-Private Partnerschaft Projekts werden alle Haushalte im Gemeindegebiet direkt an die Glasfaser angeschlossen.

Von insgesamt 1150 erschlossenen Haushalten in Oberhausen sind 1050 angeschlossen, dazu kommen noch 150 Haushalte in Bergen Die mit Internetanschlüssen unterversorgte Gemeinde Oberhausen war mit dem Angebot der Deutschen Telekom für einen Ausbau nicht zufrieden. Es wurde ein verlorener Baukostenzuschuss von über einer halben Million Euro gefordert, wobei Datenraten lediglich bis 6 Mbit/s offeriert wurden. Nachdem auch der Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland nicht bereit war, seine bestehende Infrastruktur für den schnellen Internetzugang auszubauen wurde eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, deren Ergebnis im März 2009 präsentiert wurde.

Das Fazit dieser Studie lässt sich kurz wie folgt zusammenfassen: „Jede Maßnahme, die ein FTTH-Netz zum Ziel hat, ist richtig...“ Im Juni 2009 beschloss der Gemeinderat, eine europaweite Ausschreibung für ein Multimedia- Breitbandnetz mit Datenraten von mindestens 50 Mbit/s für alle Haushalte durchzuführen. Ferner wurden in der Ausschreibung eine diskriminierungsfreie und technikneutrale Bereitstellung des Netzwerks für Dritte sowie ein ausgearbeitetes Finanzierungskonzept gefordert. Nachdem ein passendes Angebot vorgelegt wurde, beschloss der Gemeinderat im Dezember 2009 den Breitbandausbau durchzuführen. Im Februar 2010 wurde dem Anbieter der Auftrag für den Bau des gesamten Netzwerks erteilt.

Voraussetzung für den Baubeginn war jedoch eine Anschlussquote von 75 % der insgesamt 1.150 Haushalte. Dieses Ziel konnte kurzfristig nur durch den Einsatz von Multiplikatoren erreicht werden. Rund 70 Frauen und Männer aus der Gemeinde haben sich deshalb bereit erklärt

• Die Gemeinde bei der Umsetzung des Projektes zu unterstützen
• Ihre Freizeit zu opfern (ca. 2.000 ehrenamtliche Stunden wurden geleistet)
• Die erforderliche Überzeugungsarbeit zu leisten
• Die Informationen in die Bevölkerung zu transportieren und
• letztendlich auch die mehr als 800 Verträge bei den Bürgerinnen und Bürgern zu sammeln sowie Hilfestellung beim Ausfüllen der Verträge zu leisten.

Bereits am 3. Juni 2011 konnte der erste Teilnehmeranschluss in Betrieb genommen werden. Und bis zum Jahresende 2011 soll der Rollout der gesamten Infrastruktur abgeschlossen sein. Im Dezember 2011 waren bereits 1 050 Haushalte von 1 150 in Oberhausen an das zukunftssichere Multimedia- Netzwerk angeschlossen und konnten die angebotenen Dienste in höchster Qualität konsumieren. Zusätzlich zur Gemeinde Oberhausen wird auch noch der Stadtteil Bergen der großen Kreisstadt Neuburg a. d. Donau mit 150 Haushalten mit Glasfaseranschlüssen versorgt, weil dieser direkt an der Trasse der Backbone-Verbindung zwischen Oberhausen und Neuburg liegt.

Über 70 Multiplikatoren – hier das Team aus dem Ortsteil Unterhausen – haben innerhalb weniger Wochen durch ihren persönlichen Einsatz mehr als 75 % der Haushalte in Oberhausen überzeugen können, einen Vertrag für den schnellen Glasfaseranschluss zu unterschreiben.

„Das Bürgerprojekt <Errichtung eines Multimedia- Breitbandnetzes> war und ist geprägt von technischem Weitblick, einer unglaublichen Solidarität unter den Gemeindeteilen und einer gelebten Verbundenheit mit der Gemeinde Oberhausen“ resümiert Fridolin Gößl, 1. Bürgermeister der Gemeinde Oberhausen. „Ich hoffe und wünsche, dass Unser Ortsnetz-Oberhausen Jahrzehnte störungsfrei läuft und damit einen Beitrag für mehr Lebensqualität leistet.“

Mit der implementierten Infrastruktur für das Multimedia-Breitbandnetz ist die Gemeinde Oberhausen auch für künftige Anforderungen gerüstet. Ausgehend vom lokalen Rechenzentrum wurden im gesamten Ausbaugebiet Leerrohre, die in Zukunft bei Bedarf eine Nachrüstung erlauben verlegt. Für jeden angeschlossenen Haushalt sind zwei Glasfasern vorgesehen. In den Glasfaserhaupttrassen wird eine 10-prozentige Reserve für zukünftige Erweiterungsmöglichkeiten vorgesehen. Als Hintergrundinformation nennt Gößl die folgenden Eckdaten: „Zur Realisierung mussten insgesamt 12 Wegerechte eingeholt werden, um Straßen, Donau und private Grundstücke queren zu können. Es wurden

• rund 55 km Tiefbauarbeiten ausgeführt
• 62,5 km Glasfaserkabel verlegt
• Ein 11,5 km Backbone nach Neuburg a. d. Donau installiert, der auch den Stadtteil Bergen mit versorgt
• Über 100 km Leerrohre verlegt und 70 Zugangs- und Verteilschächte errichtet sowie
• Ein eigenes Rechenzentrum (POP) gebaut, in dem sämtliche aktiven und passiven Komponenten untergebracht sind.“

Eine besondere Herausforderung bei der Verlegung des Backbone-Glasfaserkabels stellte die Querung der Donau dar, die jedoch mit Hilfe des Technischen Hilfswerks gemeistert werden konnte.