Das Geheimnis der mittelalterlichen Wüstung auf dem Ulrichsberg
Ludwig Lang
Auf dem Ulrichsberg wurden bei einer archäologischen Erkundung im Jahre 2002 die Reste einer bislang unbekannten mittelalterlichen Ansiedlung entdeckt. Die Untersuchung wurde durchgeführt, um den Wahrheitsgehalt der Sage zu überprüfen, nach deren Überlieferung drei Burgfräulein von der etwas nördlich gelegenen Kaiserburg immer zur Kapelle auf dem Ulrichsberg zum Gebet gegangen wären (Böck 1989).
Die Ergebnisse der archäologischen Ausgrabung
Bei der Grabung wurden auf dem Ulrichberg die Fundamentreste von drei Gebäuden in Steinbauweise dokumentiert, weitere Gebäudereste sind wohl noch im Boden verborgen. Einige Meter östlich von Gebäude 1 wurde der mit Kieseln gepflasterte Bereich eines Weges entdeckt, der in Richtung Unterhausen al. Grienwald führte. Er ließ sich als schwache Vertiefung auf der Länge von etwa 60 m als Geländemerkmal erkennen, bevor sich seine Spur im stark zerbombten Gelände verlor. Gebäude 2 und 3 wurden nur ausschnitthaft erfasst, aufgrund der Fundamentmächtigkeiten waren es aber größere Steingebäude.
Bild: Auschnitt aus der Aufmessung des BLfD Ingolstadt
Gebäude 1 hatte die Abmessungen um 4,50 x 6,60 Metern, bei einer Fundamentbreite um 0,60 Metern, somit war es ein eher kleineres Steingebäude. Der Zugang erfolgte etwas westlich der Gebäudemitte von der Südseite her, eine Steinstufe hatte sich noch erhalten und im Innenbereich konnten noch Verputzreste mit weißer Wandfarbe festgestellt werden. Ursprünglich war das Gebäude einräumig, doch wohl Mitte des 15. Jahrhunderts wurde es durch eine nachträglich eingezogene Bruchsteinmauer unterteilt. Im Zwickel zwischen nördlicher Außenmauer und Zwischenmauer wurde ein kleiner Kachelofen an das Mauerwerk angesetzt, dessen Kacheln die in die Zeit um 1450 datieren. Das Gebäude war mit Mönch-Nonne Ziegeln gedeckt und es war streng Ost-West ausgerichtet.
Hilfreich - die Kopie einer "alten Karte"
Bei der Einordnung des Grabungsbefundes ist die Umzeichnung einer alten Karte hilfreich, die sich im Archiv des Historischen Vereins von Neuburg befindet. Sie bildet auch das Terrain am Ulrichsberg ab, für diesen Bereich ist die Bezeichnung „Arrach“ vermerkt.
Unter Arra - auch Arrha, Arrhes, Arras usw. („Angeld“) - wird im römischen - und daraus abgeleitet im allgemeinen Recht eine Sache oder eine Geldsumme verstanden, die vereinbart oder geleistet wird, um den Abschluß oder die Erfüllung eines Vertrages zu sichern (LexMA). Man kann diese Flurbezeichnung als Arbeitsthese so interpretieren, dass hier ein ehemaliger Besitz zur standesgemäßen Versorgung einer Adeligen vorlag.
Die Interpretation der Befunde
Eine Fülle von mittelalterlichen Abbildungen zeigt, dass Gebäude bäuerlicher Anwesen zu dieser Zeit in Holz- oder Fachwerkbauweise und regelhaft mit Stroheindeckungen ausgeführt waren. Daher weist die Existenz von mächtigen Steingebäuden mit Ziegeleindeckung auf dem Ulrichsberg auf eine administrative oder kirchliche Nutzung hin, ein Scherbenrandstück gibt einen zeitlichen Hinweis in das 13. Jahrhundert. Unter Berücksichtigung des Flurnamens „Arrach“ könnte es sich bei der Bebauung um ein Kloster gehandelt haben. Diese Annahme wird durch die strenge Ost-West Ausrichtung von Gebäude 1 untermauert, die bei Sakralbauten regelhaft ist.
Keine der vorhandenen Informationen spricht dagegen, dass Gebäude 1 nicht die in der Sage erwähnte Kapelle ist, die nach 1450 als spartanische Wohnung genutzt wurde.
Führte der kieselgepflasterte Weg von Unterhausen zu einer Eremitage?
Literatur:
Böck, E. (1989): Sagen aus dem Neuburg-Schrobenhausener Land.
Lang, L. (2004): Bericht zur Grabung im Bereich einer mittelalterlichen Wüstung auf dem Ulrichsberg bei Unterhausen, Lkr. Neuburg-Schrobenhausen.
Quelle:
Lexikon des Mittelalters.