Betrachtungen über die Entstehung der Umgehungsstraße B 16 neu bei Ober- und Unterhausen
Erwin Moosheimer
Anfang der 80er Jahre – das genaue Jahr kann ich nicht mehr benennen – fuhr ein Bus mit Mitgliedern des Kreistages von der Sinninger Straße Richtung Sehensand und machte auf der Forststraße am Schimmelbogen halt. Geleitet wurde die Exkursion von Herrn Kreisrat Eduard Neunzert, der als Forstamtmann und Revierleiter von Sehensand für dieses Vorhaben geradezu prädestiniert war. Mit von der Partie waren der Leiter des Straßenbauamtes Ingolstadt, Herr Baudirektor Brügel, sowie meine Person als Vertreter der Gemeinde Oberhausen.
Die anstehende Entscheidung des Kreistages für die ursprünglich geplante Trasse der Umgehungsstraße oder einer völligen Neuplanung war Anlass dieser Fahrt. Die Herren wollten sich vor Ort ein Bild machen. Der Abschnitt am Schimmelbogen, wo die Umgehungsstraße nach bisheriger Planung durchführen sollte, war von Herrn Neunzert mit Bedacht gewählt. Selbst einem Laien wurde sofort klar, dass hier enorme Einschnitte und Auffüllungen notwendig würden. Den Ausführungen von Herrn Neunzert, dass in diesem Bereich für den Bau der Straße Kronenbreiten von 40 – 50 m entstehen würden, wurde von Herrn Brügel nicht widersprochen. Hinzu käme, dass der gesamte „Unterhauser Forst“, das größte zusammenhängende Waldgebiet des Neuburger Bereiches südlich der Donau, in seiner ovalen Form der Länge nach durchschnitten würde. Die mit einer derartigen Maßnahme zusammenhängenden negativen Folgen für den gesamten Bereich waren für Herrn Neunzert Anlass, vehement dagegen Stellung zu nehmen. Seine Kreistagskollegen waren dann auch umgehend davon überzeugt, dieser Trassenführung nicht zuzustimmen. Auf die provokante Frage von Herrn Neunzert, wie man eine solche Trassenführung überhaupt planen konnte, erwiderte Herr Brügel, die Planung sei ja auch schon 20 Jahre alt. Damit bestätigte er Aussagen meines Vaters, dass schon während des Flurbereinigungsverfahrens von 1962 – 1965 über eine Umgehungsstraße für Oberhausen diskutiert wurde.
Die Neuplanung der B 16 als Autostraße hatte neben der Verbesserung der Infrastruktur durchaus auch strategische Bedeutung. Die Bedrohung aus dem Osten war stets präsent; mit der Kuba-Krise 1962 strebte der „Kalte Krieg“ seinem Höhepunkt zu. Eine West-Ost-Achse wie die B 16 – ausgebaut als Autostraße – wäre für schnelle Truppenbewegungen ideal. Um dies Ziel zu erreichen, war eine auf weite Strecken völlig neue Trasse erforderlich. Im schwäbischen Bereich sowie von Manching bis Regensburg war der Ausbau bereits weit vorangekommen. Mitte der 70er Jahre wurde die Planung von Rain am Lech bis Weichering konkret vorangetrieben. Während sich für die Strecke von Rain bis Straß eine ideale Trassenführung finden ließ, war der Abschnitt von Straß bis Weichering ungleich schwieriger zu verwirklichen. Die IVG grenzt südlich an die Bahntrasse, kurz danach liegt nördlich der Bahn der Standortübungsplatz Kreut. Wenige Kilometer weiter musste eine Umgehung des Nato- Fluplatzes Zell gefunden werden. Es war also logisch, die neue Trasse südlich der IVG und des Flugplatzes nach Weichering zu führen. Doch plötzlich regte sich Widerstand. Naturschützer und Vertreter der Forstbehörden meldeten Bedenken an. Es waren wohl die ersten Anzeichen des beginnenden Waldsterbens, welche die Verantwortlichen in große Sorge versetzte. Von einer Einigkeit für die geplante Trassenführung war man auf einmal weit entfernt.
Im Juli 1978 fand im Rathaus des Marktes Burgheim eine große Besprechung für den unmittelbar bevorstehenden Baubeginn des Teilabschnittes Rain – Straß statt. Die Gemeinde Oberhausen war dazu eingeladen. Drei Gemeinderäte begleiteten unseren damaligen 1. Bürgermeister Herrn Josef Burgard. Herr Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Vorsitzender des Bundestagausschusses für Verkehr Karl Heinz Lemmrich erläuterte die Baumaßnahme und gab bekannt, dass die finanziellen Mittel vom Bund bereitgestellt seien. Allerdings müsse der Ausbau von Straß bis Weichering wegen der Widerstände gegen die bisherige Planung bis auf weiteres ausgesetzt werden. Dem müsse der Rat der Gemeinde Oberhausen per Beschluss zustimmen, da sonst das gesamte Projekt infrage gestellt wäre. Seinen Ausführungen zufolge lägen genügend baureife und planungsrechtlich gesicherte Baumaßnahmen vor, dass eine Uneinigkeit auf kommunaler Ebene zur Rückstellung des Teilabschnittes Rain-Straß führen würde.
Nun war der Gemeinderat von Oberhausen in einem Dilemma. Einerseits war zu befürchten, dass bei einer Abtrennung unseres Teilabschnittes viele Jahre bis zum Ausbau vergehen würden. Andererseits war die Verantwortung groß, wenn durch eine Ablehnung den Orten von Rain bis Straß der Ausbau verwehrt würde. Nach langer Diskussion und schweren Herzens entschied sich der Gemeinderat, einer Abtrennung zuzustimmen. Allerdings mit der Option, dass die Trassenführung durch den „Unterhauser Forst“ als Alternative im weiteren Verfahren beibehalten wird.
Vom Straßenbauamt Ingolstadt war wegen der genannten Widerstände kurz zuvor die Erstplanung einer neuen Trasse entlang der Bahnstrecke mit Anbindung zum Burgwaldberg vorgelegt worden. Damit wurde das Vorhaben einer „Autostraße“ zumindest im Bereich zwischen Oberhausen und der Zeller Kreuzung aufgegeben. Ein weiteres Problem stellte die Zufahrt zur Tillykaserne zur B 16 dar.
Bald kam als weitere Möglichkeit die so genannte bahnparallele Trasse in die Planung. Hier wäre die Zustimmung der Bundeswehr nötig gewesen, da die Trasse in unmittelbarer Nähe des Übungsplatzes verlaufen würde. Die Bürger von Sehensand waren für dieses Projekt nicht zu erwärmen. Zwei Schrägbrückenbauwerke zur Querung der Bahn und eine weitere Brücke über Bahn und neuer B 16 zur Anbindung des Ortsteiles „Ziegler“ würden den Bau erheblich verteuern. Das Straßenbauamt suchte mit 6 – 7 Variationen eine günstigere Lösung zu finden. Letztlich blieb die Erstplanung als einzig vertretbare Trasse.
Die Detailplanung wurde zügig vorangeführt, so dass die Hoffnung auf eine baldige Verwirklichung bestand. Dann folgte die kalte Dusche. In einem lapidaren Schreiben wurde der Gemeinde mitgeteilt, dass der Teilabschnitt Oberhausen-Weichering aus der Fortschreibung des Fernstraßenwegeplanes der Bundesregierung gestrichen wurde. Eine Aktualisierung dieses Planes erfolgt nur alle fünf Jahre, also war unser Projekt in dieser Zeit und wohl darüber hinaus nicht mehr zu verwirklichen.
Wie viel Kraft und Mühe es meinem Nachfolger Xaver Schiele in seiner 18-jährigen Amtszeit gekostet hat, den Bau der Umgehungsstraße wieder in Gang zu bringen und zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen, kann man wohl nur in etwa erahnen. Jedenfalls fand 2004 – 26 Jahre nach der damaligen Abtrennung – die Einweihung und Eröffnung der B 16 neu statt, ein Fest für Unter- und Oberhausen. Die Trassenführung erfolgte mit geringen Abweichungen nach der Erstplanung von 1978.
Oberhausen im Januar 2009