Epitaphe an der Friedhofswand bei der St.-Nikolaus-Pfarrkirche
Ludwig Ried
In der Zeit der Völkerwanderung trugen neu entstehende Ansiedlungen oftmals den Namen des Anführers einer Siedlergruppe. Das besonders bei den Ortsnamen mit der Endsilbe – ing und –ingen: Sinning = bei den Leuten des Sigino oder Syno.
Die ältesten Mitglieder der Sinninger Führungsfamilien benennen sich nach ihrem Heimatort selbst: Sinningen, Suni(n)gen, Syningen. Als älteste Vertreter dieses Geschlechts, die zeitmäßig exakt zu erfassen sind, werden in einer Urkunde des Klosters St. Ulrich und Afra in Augsburg vom Jahre 1140 Wildericus und Kuonradus de Sunnigen genannt. 30 Jahre später ist in einer Urkunde des Klosters Indersdorf 1170 ein Helenbert von Sinningen bezeugt. 1238 tritt schließlich Friedrich von Sinningen als Zeuge auf, als Bertold III. von Graisbach eine Stiftung zu Ehren der Gottesmutter in Kaisheim macht. Noch im Jahre 1559 wirkt Jakob Sinninger als Probst in Neuburg.
Gleichzeitig mit dem Geschlecht, das sich nach dem Ortsnamen Sinning benannte, finden sich im Dorfe in der Folge weitere Adelsgeschlechter, die hier Herrschaftsrechte ausüben:
1275 einEnglmar von Massenhausen zu Sünningen uf dem Berge,
1363 Berchtold Müllich von Sinning,
1390 Ulrich Leonberg.
1500 Jörg Reindl wird als Inhaber des Forstlehens zu Sinning genannt.
Das Dorf Sinning hat im 15.Jahrhundert zwei Adelssitze.
Nach 1400 weisen bereits Epitaphe als steinerne Zeugen an der Friedhofsmauer auf ein neues Geschlecht der Sinninger Ortsadeligen hin. Es sind die Schönpüchl(er), die bis 1539 einen der beiden Adelssitze innehaben.
Der älteste Epitaph berichtet von dem Tod der Margret Schönpüchler,die am 9.August 1422 hier auf dem Friedhof begraben worden ist:
Woher die Schönpüchlkommen, ist nicht mit Sicherheit zu sagen. Pfarrer Schilcher schreibt in seiner "Geschichte des Dorfes Sinning": Die einen sagen vom Schönbüchel , einem Holzteil auf einem Berge bei Sehensand, ein andrer: aus der Schweiz bei Appenzell. Ob sie nicht aus Schönpüchel bei Melk stammen? Die Frau Margret stammte von Pottendorf, einem Schlosse nicht weit von Wien. Der Grabstein des Hans Schönpüchler von 1457 ist heute noch in der St.-Wolfgang-Kirche erhalten, die er in den Jahren 1430/40 erbauen ließ.
Am 18.Juli 1506 wird der Adelssitz der Schönpüchl zu Sinning zur pfalz-neuburgischen Hofmark erhoben. Mit dem Tod der beiden BrüderHans(+ 1535) undSigmund von Schönpüchel zu Sinning (+1539) endet die Ära dieses Geschlechts in Sinning.
Anno d(o)mi(n)1535 ja(h)r
am son(N)tag misericordiae starb der edel und vest
hans von schönpichel zu sinning
dem got(t) gena(d)
Anno dmi 1537 in martini
starb die edel und tugenthaft Fraw Margret von Schönpichel
eine geporne von demantstein.
D(er)G(ott) G(enad)
Demantstein = Diemantstein
Gemeinde Bissingen, Landkreis Dillingen
Sonntag misericordiae = 11.04.1435
An Martini = 11.11.1537
Anno d(omin)I 1539 starb
der edl und vest
Sigmundt von Schönpichel
zu Sining, der letzt seines Geschlechts.
Darvor im (Jahr) 39 starb die edl tugendhaft Frau
Corona , Ain geporne Egkerin zu Oberpöring seine
Hausfrau,
den(en) Gott genad.
Das Erbe der Schönpüchl geht nunmehr auf Nikolaus Erlbeck über, der Maria, die älteste Tochter des Sigmund Schönpüchl 1542 heiratet. Klaus Erlbeck und sein Sohn Otto sind treue Vasallen der Neuburger Pfalzgrafen und mit hohen Ämtern bedacht, damit sind sie in diesen Jahrzehnten auch überzeugte Anhänger der neuen evangelischen Lehre Luthers.
Anno 1585 d(i)e 4 Januarii
starb der Edell (und) Vest
Cloß Erelweck (Erlbeck) Hoffmarcksher(r) zu Sinning ---
1573 d(i)e 5 Januarii starb die Edell (und) Tugenhaft Fraw Maria Ain(e) geborne von Schönpichel
sein Haus Fraw dene (n) Gott Genad
Psalm 39[Vers 5]
Herr, lehre doch mich, daß ein End mit mir hat
und mein Leben ein Ziel hat, und ich darvon muß.
Idem[Vers 8]
Nun, Herr, weß soll ich mich trösten? Ich hoff auf Dich.
Klaus Erlbeck verunglückt tödlich durch einen Sturz von der Treppe am 4. Januar 1585, sein Sohn Otto stirbt 1622 ohne männliche Erben.
1639 wird schließlich die Hofmark Sinning an Freiherrn Franz von Gise verkauft, der als neuburgischer Kanzler und Pfleger in Burgheim tätig ist. Er baut unter dem katholisch gewordenen Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm die St.-Wolfgang-Kirche wieder auf. Auf Franz von Gise geht auch der Vorgängerbau des heutigen Sinninger Schlosses als Wasserschloss im Unterdorf nach den Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg zurück.
Ein Epitaph erinnert an die beiden verstorbenen Kinder des Franz von Gise Ignatius und Anna Christina Constantia:
Hier ruht Herr
Johannes Ignatius v. Giese
und dessen Schwester
Anna Christina
Constantia v. Giese,
die beede in ihrer Zarten Kindheit, dieß zeitlich Jammerthal mit
der ewigen Freud verwechselten.
So sich begeben
anno 1640 und 1643.
Über die beiden Söhne Philipp Constantin und Franz Wolfgang von Gise, beide ohne männliche Nachkommen, geht der Besitz dann an die Tochtersöhne Heinrich und Franz von Leoprechting über, die aber ihren Besitz im gleichen Jahr 1721 an Wilhelm Adam und seinen Bruder Jakob Ignaz von Weveld verkaufen.
Mit den Freiherren von Weveld und ihren Nachkommen führt der Weg des Sinninger Ortsadels herauf bis in unsere Zeit.
Fragment eines Grabsteins,
bei dem noch die beiden Namen Erlbeck und Schönpüchl (vor 1600)
zu lesen waren.
Das Lilienwappen gehört zur Familie Erlbeck.
Also wohl ein Allianzwappen der beiden Familien
Schönpüchl - Erlbeck
Klaus Erlbeck (1513 – 1585)
heiratete 1542 Maria, die Tochter
des Sigmund Schönpüchl (+ 1539)
Hier ligt begraben
der woll Ehr(same) Hochgelerte Herr
Johann Philipp Pramer
der hl. Teolo(giae) Pacalau(reus) vnd Pfarrherr allda
1676
Johann Philipp Pramer war
in den Jahren 1675 / 1676
Pfarrer in Sinning